Parabeln und Zitate

persische Geschichte über den großen Lehrer Nasrudin

Nasrudin kriecht, offensichtlich auf der Suche nach etwas Wichtigem, im Schmutz vor seinem Haus herum.
Einer seiner Schüler kommt des Weges und sieht seinen Lehrer im Staub kriechen.
"Meister Narudin, habt Ihr etwas verloren?" erkundigt er sich.
"Ja, meinen Schlüssel", erwidert dieser.
Daraufhin fragt der Schüler: "Also, habt Ihr ihn hier, vor dem Haus, verloren?"
Doch Nasrudin deutet auf sein Haus und sagt: "Nein, ich habe ihn dort drinnen verloren."
Der Schüler ist völlig entgeistert. "Aber, Nasrudin, warum sucht Ihr den Schlüssel dann hier im Staub und nicht im Haus?" fragt er.
"Weil es dort drinnen dunkel und hier draußen hell ist", antwortet Nasrudin.

 

Der Zen-Meister

Parabel vom Zen-Meister, der eines Tages auf seinem Weg einem wilden,
menschenfressenden Tiger begegnet.
Er versucht zu fliehen, findet sich jedoch nach ein paar Schritten
am Rand eines hohen und steilen Felsens.
Der Tiger ist ihm auf den Fersen und so bleibt dem Meister nichts anderes übrig,
als sich an einer schwachen Winde,
die dort am Rand wächst, über den Abgrund zu hängen.
Oben der Tiger, der ihn fressen will,
unten der sichere Tod eines tiefen Sturzes auf kantige Felsbrocken.
Die dünne Winde beginnt nachzugeben, der Tod steht unmittelbar bevor.
Da sieht der Meister, dessen Leben nur noch an einem Faden hängt, eine wunderschöne,
reife Wilderdbeere. Schnell pflückt er die saftige Frucht,
nimmt sie in den Mund, und dann hört man ihn sagen:
"Köstlich, diese Erdbeere, und so süss?"

 

Der Meditationsmeister und der alte Eremit

Ein ehrgeiziger Mann auf der Suche nach Erleuchtung war nach dem Besuch mehrerer Meister
zu dem Schluss gekommen, dass er am erfolgreichsten ist, wenn er jeden Tag mehrere Stunden
dasselbe Mantra rezitierend meditiert.
Er kam gut voran, sodass er bald schon zum Lehrer jüngerer Suchender wurde und sich über Jahre
keine weiteren Gedanken machte, bei wem er selber weiterlernen könnte.
Eines Tages aber hörte er von einem berühmten Eremiten, der gar nicht allzu weit allein auf
einer Insel in einem See praktizierte.
Der Meditationsmeister entschloss sich, ihn zu besuchen, und mietete einen Mann mit einem
Boot für die Üerfahrt. Dem Eremiten auf der Insel begegnete er mit grossem Respekt.
Beim gemeinsamen Teetrinken fragte er diesen nach seinen spirituellen Praktiken.
Der alte Mann sagte, er habe keine spirituelle Praxis, ausser dass er ein Mantra immer und
immer wieder für sich rezitiere.
Der Meditationsmeister war sehr erfreut, als er gar vernahm, dass der Eremit dasselbe
Mantra gebrauchte wie er! Als jedoch der Eremit das Mantra laut aussprach, war er entsetzt.
Was ist denn mit dir? fragte der Eremit.
Der Meditationsmeister rang nach Worten und sagte: Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll.
Es tut mir leid, aber ich denke, du hast deine ganze Lebenszeit vergeudet,
weil du das heilige Mantra falsch aussprichst!
Der Eremit sagte: Oh, das ist ja schrecklich. Wie sollte ich es aussprechen?
Der Besucher lehrte ihn die richtige Aussprache.
Der Eremit war sehr dankbar und bat, wieder allein gelassen zu werden,
damit er gleich mit dem neu gelernten Mantra beginnen könne.

Auf der Rückfahrt über den See dachte der Meditationsmeister nun bestärkt als vollkommener
Meister über das traurige Schicksal dieses ehrenwerten Eremiten nach und sagte sich:
Es ist ein Glück, dass ich die Insel besuchte. So hat der alte Mann noch ein wenig Zeit,
das Mantra richtig zu verwenden.

Da bemerkte er, wie der Bootsmann erstarrte.
Als er den Kopf drehte, sah er neben sich den Eremiten, auf dem Wasser stehend neben dem Boot.
Dieser sagte: Entschuldigt, dass ich Euch nochmals störe,
aber ich habe die richtige Aussprache wieder vergessen.
Kannst Du sie mir nochmals sagen?
Offensichtlich brauchst Du sie nicht, stammelte der überraschte Meditationsmeister.
Aber der alte Mann blieb bei seinem Wunsch.
Erst nachdem er die richtige Aussprache einige Male wiederholt hatte,
nahm der Alte respektvoll Abschied.
Und die beiden hörten ihn noch das Mantra sorgfältig rezitieren,
als er langsam über das Wasser zurück zur Insel schritt.

 

Die Einladung

Es interessiert mich nicht, wie Du Deinen Lebensunterhalt verdienst.
Ich will wissen, wonach Du Dich so sehr sehnst, dass es Dir weh tut,
Und ob Du davon zu trÄumen wagst, dem zu begegnen, wonach sich Dein Herz verzehrt.
Es interessiert mich nicht, wie alt Du bist.
Ich will wissen, ob Du es riskierst, für Deine Liebe als Narr dazustehen,
für Deine Träume und das Abenteuer zu leben.
Es interessiert mich nicht, wie Deine Sterne stehen.
Ich will wissen, ob Du bis zu Deinem wirklichen Leid vorgedrungen bist,
ob Dich der Verrat des Lebens geöffnet hat
oder ob Du Dich zusammengezogen und verschlossen hast, vor Furcht vor weiterem Kummer.
Ich will wissen, ob Du Schmerz aushalten kannst, meinen oder Deinen eigenen,
ohne zu versuchen, ihn zu verstecken, verblassen zu lassen oder zu manipulieren.
Ich will wissen, ob Du Freude empfinden kannst, meine oder Deine eigene,
ob Du voller Wildheit tanzen kannst und Dich von den Finger- bis zu den Zehenspitzen
in einen Rausch versenken kannst, ohne zu mahnen, vorsichtig zu sein, oder realistisch,
oder an die Grenzen des Menschseins zu erinnern.
Es interessiert mich nicht, ob die Geschichte, die Du mir erzählst, wahr ist.
Ich will wissen, ob Du einen anderen enttäuschen kannst, indem Du Dir selber treu bleibst.
Ob Du die Anschuldigung, betrogen zu haben, ertragen kannst
und ob Du nicht Deine eigene Seele betrügst.
Ich will wissen, ob Du treu sein kannst und damit vertrauenswürdig.
Ich will wissen, ob Du Schönheit sehen kannst, auch wenn sie nicht jeden Tag sichtbar ist.
Und ob Du Dein Leben aus Gottes Gegenwart speist.
Ich will wissen, ob Du mit Versagen leben kannst, Deinem und meinem, und trotzdem noch am Ufer
des Sees stehen kannst und dem Silber des Vollmondes "Ja" zurufen kannst.
Es interessiert mich nicht, wo Du wohnst oder wieviel Geld Du hast.
Ich will wissen, ob Du nach einer Nacht voller Trauer und Verzweiflung
aufstehen kannst, ausgelaugt und zermartert, und tun kannst, was für die Kinder getan werden muß
Es interessiert mich nicht, wer Du bist oder wie Du hierher gekommen bist.
Ich will wissen, was Dich in Deinem Inneren hält, wenn alles andere wegbricht.
Ich will wissen, ob Du mit Dir alleine sein kannst, und ob Du die Gesellschaft,
die Du in diesen einsamen Momenten hast, wahrhaft magst.


Oriah Mountain Dreamer

 

Leben lernen


Von der Sonne lernen, zu wärmen,
von den Wolken lernen, leicht zu schweben.
Von dem Wind lernen, Anstöße zu geben,
Von den Vögeln lernen, Höhe zu gewinnen,
Von den B?äumen lernen, standhaft zu sein.

Von den Blumen das Leuchten lernen,
Von den Steinen das Bleiben lernen,
Von den Büschen im Frühling Erneuerung lernen,
Von den Blättern im Herbst das Fallenlassen lernen,
Vom Strom die Leidenschaft lernen.

Vom Regen lernen, sich zu verströmen,
Von der Erde lernen, mütterlich zu sein.
Vom Mond lernen, sich zu verändern,
Von den Sternen lernen, einer von vielen zu sein,
Von den Jahreszeiten lernen, dass das Leben immer von Neuem beginnt.

Ute Latendorf

 

Die Geschichte von dem Reisenden, der zwei Steinmetzen begegnet

Der Reisende begegnet auf seinem Weg zwei Steinmetzen.
Er fragt den ersten von ihnen: Was tust du da?
Und bekommt zur Antwort: Ich behaue den Stein.

Dann fragt er den zweiten Steinmetz: Was tust du da?
Und dieser antwortet: Ich baue eine Kathedrale.


Nur wenige Menschen sind sich bewußt, Teil eines größeren Traums zu sein.

 

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